Circa 1.400 Pathologen praktizieren deutschlandweit. Doch was die moderne Pathologie von heute wirklich ausmacht, ist nur wenigen bekannt. Einige der Klischees, wie etwa das vom ´Leichenaufschneider´ nach einem vermuteten Gewaltverbrechen, sind falsch oder zumindest nur halb wahr (diese Aufgabe kommt der Rechtsmedizin zu). Denn kriminalistisch gefärbt ist der Alltag des Pathologen sehr selten. Vielmehr beschäftigt er sich mit lebenden Patienten, auch ohne direkten Patientenkontakt zu haben. Größtenteils besteht seine Tätigkeit darin, Gewebeproben von Lebenden unter dem Mikroskop zu analysieren.
Vor der Behandlung eines Patienten stehen die Diagnosefindung und das frühzeitige Erkennen eines Krankheitsrisikos. Dies erfolgt unter anderem mit moderner Labormedizin und hochauflösender, bildgebender Verfahren wie Computer- oder Kernspintomografie. Doch viele Erkrankungen können auch heute noch nur über eine mikroskopische Untersuchung von Gewebe diagnostiziert werden. Das Gewebe wird dem Patienten mittels endoskopischer oder operativer Verfahren durch den behandelnden Arzt entnommen.
Feingeweblich untersucht werden beispielsweise krankhafte Gewebeveränderungen mit noch unklarer Ursache oder es wird einem konkreten Verdacht des behandelnden Arztes nachgegangen: Handelt es sich um einen gutartigen oder einen bösartigen Tumor? Um welches Krebsstadium handelt es sich? Oder in einem anderen Fall, um eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die behandelt werden muss?
Kurz: Pathologen arbeiten interdisziplinär und unterstützen ihre behandelnden Fachkollegen durch eine fundierte Diagnose bei der Entscheidung für die richtige Weiterbehandlung des Patienten. Zudem tragen sie zur Qualitätssicherung der Behandlung bei. Sie sind also eine wichtige Schnittstelle zwischen Diagnose und Therapie.
Bei der Krebsvorsorge spielt die moderne Pathologie eine wichtige Rolle. So wird beispielsweise der Zellabstrich zur gynäkologischen Krebsvorsorge vom Pathologen unter dem Mikroskop auf krebsverdächtige Zellen untersucht. Dadurch können frühzeitig Krebsvorstufen erkannt werden und häufig durch einen kleinen Eingriff, eine Abschabung oder eine keilförmige Ausschneidung des Gebärmutterhalses, beseitigt werden.
Die fundierte Diagnose mittels feingeweblicher Untersuchung ist von wesentlicher Bedeutung für das anschließend angewandte Therapieverfahren.
Stellt der Pathologe anhand des im Rahmen einer Magenspiegelung gewonnenen Gewebes aus verdächtigen Bereichen der Schleimhaut eine Magenschleimhautentzündung (Gastritis) mit gutartigem Magengeschwür fest, ist eine medikamentöse Behandlung ausreichend. Wird hingegen Magenkrebs diagnostiziert, muss der Tumor operativ entfernt werden. Bösartigkeit und Ausdehnung des Tumors bestimmen das Ausmaß der Operation.
Gemeinsam mit anderen Fachdisziplinen werden dann im Rahmen der wöchentlich stattfindenden Tumorkonferenzen weitere Therapieoptionen wie Operation, medikamentöse Tumortherapie, Bestrahlung oder eine Kombination der Verfahren diskutiert und festgelegt.
Während einer Operation führt der Pathologe häufig eine Schnellschnittuntersuchung durch, ein schnelles Verfahren zur Befundung intraoperativ entnommener Gewebeproben. Die Diagnostik erfolgt noch während des operativen Eingriffs. Hierfür wird die Operation kurzzeitig unterbrochen, um das zu beurteilende Probenmaterial in die Pathologie zu schicken. In der Regel dauert es bis zur Diagnosefindung nicht länger als 10 Minuten. Die Schnellschnittdiagnostik dient der Beurteilung von Tumoren hinsichtlich ihrer Gutartigkeit oder Bösartigkeit und entscheidet dann über das weitere chirurgische Vorgehen bei der Operation. Ist der Tumor bösartig, werden zusätzlich die chirurgischen Schnittränder untersucht, um zu prüfen, ob der Krebs im Gesunden entfernt worden ist. Nur so ist es beispielsweise möglich, fast zwei Drittel aller an Brustkrebs Erkrankten brusterhaltend zu operieren.
Die Schnellschnittuntersuchung bietet den Vorteil, dass der Befund schnell verfügbar ist. Die feingewebliche Untersuchung mit normalen Präparaten hat jedoch eine noch bessere Aussagekraft. Aus diesem Grund liefert die Pathologie auch nach einer Operation therapieentscheidende Daten für die Weiterbehandlung. Nach Entfernung eines Tumors wird durch die Pathologie der Tumortyp, dessen Ausdehnung, der Grad der Bösartigkeit und die Schnittränder untersucht. Auch wird untersucht, inwieweit der Tumor in umgebendes Gewebe eingewachsen ist und ob bereits Lymphknoten befallen sind, sich also Metastasen gebildet haben.
Der pathologische Befund entscheidet darüber, ob die operative Tumorentfernung erfolgreich bzw. ausreichend war, oder ob weitere zusätzliche Therapien erforderlich sind. Bei einem Lymphknotenbefall ist zum Beispiel zusätzlich häufig eine Chemotherapie notwendig.
Eine Obduktion erfolgt nach Zustimmung der Angehörigen immer dann, wenn die natürliche Todesursache unklar ist und die genauen Todesumstände und Grund- und Folgeerkrankungen geklärt werden müssen.
Darüber hinaus dient die Durchführung von Obduktionen zur Entdeckung von Berufs- und Umweltkrankheiten sowie zur Überprüfung von Behandlungsmethoden. Sie tragen also zur Qualitätssicherung der Behandlung für zukünftige Patienten bei.
Obduktionen nehmen im Vergleich zur Diagnostik am lebenden Menschen einen deutlich geringeren Teil der Arbeit des Pathologen ein.
Viele Krankheiten und ihre Ursachen sind in der Geschichte der Medizin durch Pathologen entdeckt worden. So legte Rudolf Virchow 1858 mit seinen zwanzig Vorlesungen "Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre" an der Berliner Charité die Grundlagen für eine moderne Krankheitslehre.
Dies gilt auch heute noch. Die Forschung der Pathologen mittels hochmodernen Untersuchungsmethoden ermöglicht besser Vorsorge, bessere Diagnostik und bessere Behandlung.