Die Endokrine Chirurgie ist eine Spezialisierung innerhalb der Chirurgie und befasst sich mit der operativen Behandlung der endokrinen, also hormonbildenden, Organe wie Schilddrüse, Nebenschilddrüse und Nebenniere.
Die Operation an den hormonbildenden Organen erfordert spezielle Kenntnisse. Wir führen regelmäßig Operationen an Schilddrüse, Nebenschilddrüsen und Nebenniere durch. Vor und nach der Operation betreuen wir Sie in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen der Inneren Medizin, Radiologie und Nuklearmedizin.
Die Schilddrüse ist für einen großen Teil der Hormonproduktion in unserem Körper verantwortlich. In der Schilddrüse werden sogenannte Thyreozyten produziert, die für unseren Stoffwechsel wichtig sind. Werden zu viele der Hormone produziert, spricht man von einer Überfunktion der Schilddrüse. Ursächlich für eine Überfunktion sind in den meisten Fällen die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow und eine Autonomie. Bedeutet: Einzelne Knoten der Schilddrüse oder das gesamte Schilddrüsengewebe bilden selbstständig Hormone. Radikaler Gewichtsverlust und übermäßiges Schwitzen können die Folge sein. Wenn eine medikamentöse Behandlung hier nicht zum Erfolg führt, kommen andere Therapieformen wie eine Operation oder die Behandlung mit radioaktivem Jod (Radiojodtherapie) zum Einsatz.
Schilddrüsenunterfunktion
Bei einer Unterfunktion werden zu wenige der Stoffwechselhormone produziert. Jodmangel ist dafür verantwortlich, aber auch durch eine Schilddrüsenentzündung kann eine Unterfunktion ausgelöst werden. Um den Hormonmangel auszugleichen und damit die Beschwerden zu beseitigen oder wenigstens zu lindern, werden Schilddrüsenhormone in Form von Levothyroxin verabreicht, das im Körper wie die körpereigenen Schilddrüsenhormone wirkt. Meist müssen Betroffene das Medikament lebenslang einnehmen.
Dabei wird entweder die gesamte Schilddrüse entnommen, sofern aber möglich werden Teile des Organs im Körper belassen. Denn bei einer gesamten Entfernung der Schilddrüse bleibt der Patient dauerhaft auf eine Hormonersatztherapie angewiesen.
Vergrößerung der Schilddrüse / Schilddrüsenkarzinom
Jodmangel kann zu einer Vergrößerung der Schilddrüse mit Knotenbildung führen. Eine Operation an der zu groß gewordenen Schilddrüse kann Beschwerden wie ein Gefühl der Enge durch Druck an Luft- und Speiseröhre und Schmerzen im Halsbereich lindern.
Manchmal ist eine Vergrößerung der Schilddrüse auf ein Schilddrüsenkarzinom zurückzuführen. Die meisten der Schilddrüsenknoten sind jedoch gutartig. Um eine bösartige Tumorerkrankung nicht zu übersehen, führen wir eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse durch, um gutartige Zysten vom Schilddrüsenkarzinom abzugrenzen. Mit der Schilddrüsenszintigraphie, eine nuklearmedizinische Untersuchung, lässt sich die Funktion knotiger Veränderungen der Schilddrüse darstellen und zwischen normalen Knoten, kalten Knoten und heißen Knoten unterscheiden. Durch eine Feinnadelbiopsie kann das Gewebe auf bösartige Tumorzellen hin untersucht werden.
Es ist uns ein wichtiges Anliegen, Sie umfassend über mögliche Risiken und die Erfolgsaussichten zu beraten, damit wir gemeinsam mit Ihnen die für Sie beste Entscheidung treffen können.
Erachten wir eine Operation als sinnvoll, untersucht ein Pathologe bereits während der Operation das entnommene Gewebe auf ein eventuell bösartiges Tumorwachstum (Schnellschnittuntersuchung). Bestätigt sich nach der feingeweblichen Untersuchung der Verdacht auf einen bösartigen Tumor, wird die Schilddrüse durch eine Operation entfernt oder verkleinert. Je nach Tumorstadium werden auch die Halslymphknoten entfernt. Das Behandlungskonzept besprechen wir mit den Spezialisten weiterer Fachdisziplinen in unserer interdisziplinären Tumorkonferenz.
Eine Operation an der Schilddrüse stellt in der Hand spezialisierter und erfahrener Chirurgen ein kontrolliertes Risiko dar. Für Ihre Sicherheit setzen wir bei Operationen an der Schilddrüse auf moderne Operationsverfahren und hohe medizinische und technische Standards, wie den Einsatz von Lupenbrillen und einer besonders schonenden Operationstechnik. Auch überwachen wir während der Operation den Stimmbandnerv über ein intraoperatives Neuromonitoring. Hierbei wird routinemäßig mit einer speziellen Sonde der Verlauf des Nervs dargestellt, der unmittelbar hinter der Schilddrüse verläuft und dann in den Kehlkopf hineinzieht. Der Nerv kann so sicherer geschont werden. Die Operation an der Schilddrüse erfolgt in Vollnarkose. In den meisten Fällen verlassen die Patienten am zweiten Tag nach dem Eingriff die Klinik wieder.
Die Nebenschilddrüsen sind kaum größer als eine Linse und dennoch lebenswichtig. Sie sind die alleinigen Produzenten des Parathormons, welches dafür sorgt, dass im Körper genügend Kalzium zur Verfügung steht. Kommen die Nebenschilddüsen ihrer Arbeit nicht nach, sind Muskelkrämpfe häufig die Folge. Diese Unterfunktion der Nebenschilddrüsen kann medikamentös behandelt werden, indem das zu wenig produzierte Parathormon gespritzt wird.
Sind die Nebenschilddrüsen aber überaktiv, liegt eine Überfunktion der Nebenschilddrüse vor. Es drohen Müdigkeit, Depressionen und Bluthochdruck. Neben medikamentösen Maßnahmen kann dann eine Operation dauerhaft helfen. Vergrößerte Nebenschilddrüsen mit einer Überfunktion sind nur in seltenen Ausnahmefällen auch bösartig.
Die Operation an den Nebenschilddrüsen ist ein sehr erfolgversprechender Eingriff, wenn ein erfahrener Chirurg den Eingriff durchführt. Unsere Operateure weisen eine hohe Spezialisierung in der Chirurgie endokriner Organe, zu denen auch die vier sehr kleinen Drüsen zählen, auf. Operiert werden sie über einen kleinen Schnitt unterhalb des Halses. Der etwa einstündige Eingriff findet in der Regel unter Vollnarkose statt.
Nach Entfernung der erkrankten Drüse soll die Konzentration des Parathormons innerhalb weniger Minuten abfallen. Zur Erfolgskontrolle kann mithilfe des Parathormon-Schnelltests intraoperativ, also noch während der Operation, der Parathormonspiegel bestimmt werden. Das Testergebnis gibt Aufschluss darüber, ob eine weitere Nebenschilddrüse entfernt werden muss. So können mitunter weitere Eingriffe vermieden werden.
Auch Nebennieren sind wichtige Hormonlieferanten. In der Nebenniere bilden sich neben Adrenalin auch sogenannte Steroidhormone, wie beispielsweise Testosteron. Da in der Nebenniere so viele Hormone produziert werden, können auch die Erkrankungen vielseitig sein. Auch wenn Erkrankungen der Nebenniere eher selten sind. Meist handelt es sich um eine zufällig entdeckte Vergrößerung einer der beiden Nebennieren.
Hormonell bedingter Bluthochdruck oder eine Überfunktion der Nebennieren, also eine viel zu große Nebenniere, können operativ behandelt werden. Die Nebenniere kann aber auch, ähnlich wie die Schilddrüse von Krebs befallen werden. Eine Entfernung der Nebenniere ist dann die einzige Möglichkeit, den Krebs zu besiegen.
Operationen an den Nebennieren können minimal-invasiv durch eine Bauchspiegelung oder offen chirurgisch mit einem Schnitt erfolgen. Wann immer möglich, setzen wir das für den Patienten schonende Operationsverfahren der minimal-invasiven Chirurgie ein. So auch bei Operationen der Bauchspeicheldrüse, welche im Rahmen der Blutzuckerregulation ebenfalls eine endokrine Funktion im Körper erfüllt.
Für beide Verfahren, minimal-invasiv und offen chirurgisch, besteht die Möglichkeit einer intraoperativen Ultraschalluntersuchung. Dazu wird ein steriler Schallkopf direkt auf das Organ gelegt. Der Vorteil gegenüber eines Ultraschalls von außen durch die Haut: eine deutlich höhere Auflösung, über welche so auch kleine hormonbildende Tumore der Bauchspeicheldrüse, die sonst nicht sicher zu lokalisieren sind, diagnostiziert werden können.
Da manche Tumore unkontrolliert Nebennierenhormone produzieren, ist gelegentlich wenige Tage vor der Operation eine Hormoneinstellung erforderlich, welche die Sicherheit des Eingriffs weiter erhöht.
Die Operation an der Nebenniere findet immer in Vollnarkose statt.