Im August ist an der Klinik am Eichert das Zentrum für Hämatologische Neoplasien (HAEZ) an den Start gegangen. In dem Zentrum werden primär Patienten mit Erkrankungen des Blutes und blutbildenden Systems (Hämatologie), aber auch mit Tumorerkrankungen innerer Organe (Onkologie) behandelt. „Der Begriff Neoplasie wird im Allgemeinen gleichwertig mit einer Tumorerkrankung gesetzt, bedeutet aber eigentlich Neubildung“, erklärt der Leiter des Zentrums, Professor Dr. Martin Bommer und ergänzt: „In der Hämatologie werden Erkrankungen häufig als Neoplasien bezeichnet, weil keine Geschwulst oder Tumor im engeren Sinne entsteht, sondern die veränderten Blutzellen sich im Blut und Knochenmark oder Lymphknoten verteilen.“
Hämatologische Neoplasien sind also Erkrankungen des Blutes, des Knochenmarks und im weitesten Sinne auch der Lymphknoten und der Milz. „Speziell werden hier alle Formen der Leukämie, der malignen Lymphome, wie Hodgkin und Non-Hodgkin Lymphome, das Multiple Myelom, myeloproliferative Neoplasien, myelodysplastische Syndrome und andere Erkrankungen zusammengefasst“, so Professor Bommer, der auch Chefarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie, Infektionskrankheiten und Palliativmedizin ist. Die Blut- und Lymphknotenerkrankungen umfassen inzwischen mehr als 100 verschiedene Krankheiten, mit steigender Tendenz: „Durch den medizinischen Fortschritt in den vergangenen Jahren wächst die Möglichkeit, verschiedene Erkrankungen zu unterscheiden, immer weiter. Vor allem werden immer mehr Gen-Veränderungen entdeckt, die für jeweils eine Erkrankung spezifisch sind.“ Darüber hinaus werden im HAEZ zahlreiche nicht-bösartige Erkrankungen des Blutes, wie zum Beispiel angeborene Blutarmut (Anämien) oder Patienten mit Hämolysen versorgt.
Steigend ist auch der Anteil, den die Hämatologischen Neoplasien unter den Krebserkrankungen einnehmen. „Nach aktuellen Daten der Krebsregister sind es in der Summe etwa zehn Prozent aller Krebserkrankungen, wobei wir bei einzelnen Erkrankungen seit Jahren eine stetige Zunahme der Neuerkrankungen sehen“, sagt der Zentrumsleiter.
Dies ist sehr häufig Folge der alternden Bevölkerung. Daneben nimmt aber auch durch die oft sehr langen, teils Jahre dauernden Krankheitsverläufe und die deutlichen besseren Behandlungsmöglichkeiten die Zahl der zu versorgenden Patienten Jahr für Jahr zu. Die Heilungschancen bei Leukämien, Lymphomen & Co. hängen sehr stark vom Alter des Patienten und den biologischen Eigenschaften der Erkrankung ab. Während beispielsweise die sehr seltene akute Promyelozytenleukämie (APL) heute Heilungsraten von über 90 Prozent aufweist, sind viele Formen der chronischen Leukämien und indolenten Lymphome nach wie vor nicht heilbar. „Aber sie sind zum Teil durch moderne Medikamente über Jahre oder Jahrzehnte hinweg kontrollierbar“, erklärt Professor Bommer. Neben der Chemotherapie, der Bestrahlung und der Stammzelltransplantation gewinnen dabei die Antikörpertherapie, die Anwendung zielgerichteter Medikamente und die zelluläre Immuntherapie (CAR-T-Zellen) immer mehr an Bedeutung.
Das Zentrum für Hämatologische Neoplasien ist Teil des Onkologischen Zentrums der ALB FILS KLINIKEN. „Dadurch werden unsere Patienten immer gemäß aktueller Leitlinien und neuester Erkenntnisse behandelt“, betont Zentrumsleiter Professor Bommer. Zudem wird jeder Patient im Rahmen der regelmäßigen Tumorkonferenzen individuell mit den im Onkologischen Zentrum beteiligten Fachabteilungen besprochen und gemeinsam das Behandlungskonzept festgelegt. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit Pathologie, Radiologie, Strahlentherapie und Labormedizin der ALB FILS KLINIKEN. Darüber hinaus bestehen auch externe Kooperationen, etwa mit der Uniklinik Ulm, dem Comprehensive Cancer Center Ulm (CCCU), den Unikliniken Tübingen und Würzburg sowie dem Münchner Leukämielabor (MLL).
Als nächster Schritt nach dem Betriebsbeginn des HAEZ wird nun die Zertifizierung angestrebt. Das Zentrum befindet sich bereits im sogenannten Transitverfahren, das heißt die Details der Zertifizierungsvoraussetzungen werden derzeit etabliert und an die innerklinischen Verhältnisse angepasst. Die Zertifizierung mit ihren regelmäßigen Überwachungsaudits stellt dann im klinischen Alltag die Einhaltung der leitliniengerechten Behandlung der Patienten sicher.