Seit dem Kreistagsbeschluss vom 21. Mai 2021 zur Zukunft der Helfenstein Klinik in Geislingen wird in Stellungnahmen und Leserbriefspalten der Medien intensiv – und leider nicht immer konstruktiv – über die Entscheidung der Kreisräte geschrieben. Immer wieder werden dabei auch Meinungen geäußert, die nicht den Tatsachen entsprechen und auch mit teils unsachlichen Anschuldigungen gegenüber der Klinikleitung der ALB FILS KLINIKEN verbunden sind.
Der Kreistag hat den ALB FILS KLINIKEN mit seinem Beschluss zur Umsetzung des Zukunftskonzeptes einen klaren Auftrag erteilt. Dieser Auftrag wird derzeit umgesetzt. Der seit längerem bekannte Fahrplan sieht vor, dass die Ergebnisse der Projektgruppen im Oktober vorliegen und dann im Aufsichtsrat und im Kreistag abgestimmt werden. Dieser Fahrplan hat weiterhin seine Gültigkeit. „Das Drängen auf schnelle Antworten und die perpetuierenden Nachfragen sind dabei nicht zielführend. Dies auch vor dem Hintergrund, dass erst nach dem Beschluss durch den Kreistag mit der konkreten Erstellung des Zukunftskonzepts gemeinsam mit unseren Mitarbeitern begonnen werden durfte. Und das braucht selbstverständlich Zeit“, sagt Dr. Ingo Hüttner, Medizinischer Geschäftsführer der ALB FILS KLINIKEN.
Die in einer Pressemitteilung geäußerte Verärgerung, dass die Helfenstein Klinik nicht weiterentwickelt werde, ist vor dem Hintergrund des unmissverständlichen Auftrags des Kreistages kaum nachzuvollziehen. Zumal der Kreistagsbeschluss eindeutig die Schließung der Klinik als stationäre Einrichtung einfordert. Gemäß dem Kreistagsbeschluss soll eine ambulante Gesundheitseinrichtung mit Notfallversorgung entstehen. Diese wird derzeit mit Hochdruck entwickelt. Neben der Stabilisierung des vorhandenen, schon äußerst umfangreichen, ambulanten Angebotes wird in einem nun folgenden Schritt der Einzug einer großen gynäkologischen Praxis im Laufe des Oktobers 2021 realisiert und auch die Einrichtung einer Kurzzeitpflege wird derzeit konkret geprüft. Diese Angebote ergänzen das vorhandene Portfolio ideal und sie sind wegweisend für einen weiteren Ausbau der bedarfsorientierten ambulanten Strukturen an der Helfenstein Klinik. Das stationäre Angebot wird gemäß dem Beschluss Schritt für Schritt abgebaut. Hier ist bereits ein erster Schritt erfolgt, mit der zum 1. Oktober 2021 begonnenen Verlagerung der Endoprothetik in die Klinik am Eichert. Es liegt auf der Hand, dass die komplette Umgestaltung des stationären Angebots der Helfenstein Klinik nicht von einem auf den anderen Tag möglich ist, sondern planvoll in Teilschritten erfolgen muss und in erheblichem Maße von nur bedingt beeinflussbaren Faktoren abhängig ist.
Ein zentraler Bestandteil des Zukunftskonzepts ist die Sorge um das Personal. Mit dem bereits beschlossenen Sozialplan und dem Interessensausgleich ist die Grundlage für den gewünschten teilweisen Übergang des Personals von Geislingen an die Klinik am Eichert nach Göppingen gelegt. Dieser Schritt wird von der Mehrheit der Belegschaft mitgetragen. Die weitgehende Zusammenführung unseres Personals an einem Standort hilft uns, den Personalmangel, der bundesweit Krankenhäuser betrifft, in den ALB FILS KLINKEN abzumildern. Der Vorwurf in einem Leserbrief, einen Personalmangel vorsätzlich durch Stellenabbau herbeigeführt zu haben, entbehrt jeglicher Grundlage: Seit 2015 wurden in den ALB FILS KLINIKEN im Pflegebereich keine Stellen mehr abgebaut. Die Zahl der Vollkräfte im Pflegedienst ist seither von 485,2 (2015) auf 530,7 (2020) aufgebaut worden.
Auch eine gezielte Reduktion von Teilzeitkräften hat in keinster Weise stattgefunden. Ganz im Gegenteil erfolgte ein deutlicher Aufbau der Bruttoarbeitszeit in den „weißen“ Bereichen, einerseits durch einen deutlichen Stellenaufbau bei festangestellten Mitarbeitern (so in den Geschäftsberichten nachlesbar) und andererseits durch den Einsatz von externen Mitarbeitern. Diese Leasingkräfte werden ebenfalls ausschließlich in den patientennahen „weißen“ Bereichen eingesetzt, tauchen aber in den Geschäftsberichten nicht in der Beschäftigtenstatistik auf. Dies gilt für beide Standorte gleichermaßen. Der Vorwurf, bewusst in der Helfenstein Klinik Personal nicht eingestellt zu haben, um eine Schließung herbeizuführen, entbehrt ebenfalls jeglicher Grundlage. „Wir Geschäftsführer verwahren uns insbesondere gegen den Vorwurf eines ´manipulativen und damit gesetzeswidrigen Eingriffes in einen Entscheidungsprozess` durch das Curacon-Gutachten. Bei einer Trennungsrechnung werden üblicherweise anhand von Annahmen und sachgerechten Schlüsselungen Kosten zugeordnet – nach bestem Wissen und Gewissen. Diese Trennungsrechnung wurde überdies von der Fa. Curacon gewissenhaft geprüft“, betont der Kaufmännische Geschäftsführer der ALB FILS KLINIKEN, Wolfgang Schmid.
Eine ebenso abwegige Meinung in einem Leserbrief sagt aus, dass die ALB FILS KLINIKEN „mangels eines fundierten Schließungskonzepts bewusst eine klinische Unterversorgung des gesamten Landkreises in Kauf nehmen“. Als Zentralversorger des Landkreises stehen wir mit der Schwerpunktklinik am Eichert für eine umfassende bestmögliche stationäre Gesundheitsversorgung. Dieser Auftrag ist unabhängig davon, ob es einen oder zwei Standorte gibt. Dieser Auftrag ist eingebettet in bundes- und landespolitische sowie gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Die Schließung der stationären Versorgung an der Helfenstein Klinik bedeutet also nicht, dass diese Angebote rücksichtslos vom „Markt“ genommen werden. Diese Leistungen werden künftig bestmöglich an der Klinik am Eichert angeboten und dies ab 2024 sogar in einem zukunftsweisenden Neubau. Auch der Minister für Soziales, Gesundheit und Integration des Landes Baden-Württemberg, Manne Lucha, bezeichnete diese Entscheidung des Kreistages als wegweisend: „Ich glaube, das Geld ist bestmöglich investiert“, betonte er beim Richtfest des Neubaus der Klinik am Eichert im Juli 2021.
Die Bettenzahl eines Krankenhauses wird seitens des Landes anhand der regionalen Versorgungssituation des jeweiligen Landkreises und insbesondere auf Basis der stationären Belegungstage und weiterer Kennzahlen ermittelt. Die Festlegung der Anzahl der Krankenhausstandorte ist zunächst Aufgabe des jeweiligen Krankenhausträgers und wird im Einzelfall mit dem Land abgestimmt. „Eine Unterversorgung des Landkreises wird durch diese genaue Berechnung ausgeschlossen“, sagt Wolfgang Schmid.
Die Hintergründe für die Schließung der stationären Versorgung in der Helfenstein Klinik sind mannigfaltig und ausführlich kommuniziert. Dazu zählen der Mangel an Fachkräften, die mangelnde Wirtschaftlichkeit und der bundesweite Trend zur Ambulantisierung. Das wurde mit drei Gutachten renommierter Beratungsunternehmen bestätigt. Selbst Minister Lucha sieht keine Zukunftschance für ein zweites Krankenhaus im Landkreis, wie er beim Richtfest des Neubaus der Klinik am Eichert öffentlich betonte. Er warnte – bei der Erhaltung des Geislinger Klinikstandortes – vor einer Gefährdung des Göppinger Standortes. Für den Beschluss des Kreistags waren finanzielle Erwägungen nicht ausschlaggebend. Dies wurde immer wieder betont.
Ganz sicher kein Grund für die Schließung ist, wie ein häufig geäußerter Vorwurf lautet, das Nichterfüllen des ursprünglichen Medizinkonzepts der ALB FILS KLINIKEN. „Richtig ist: Dieses Konzept sah den endoprothetischen Schwerpunkt für Geislingen vor, gleichwohl konnten solche Eingriffe seit jeher auch in Göppingen durchgeführt werden“, so Dr. Hüttner. Der Schwerpunkt „elektive Endoprothetik“ wurde an der Helfenstein Klinik erfolgreich etabliert. Jedoch konnten nicht alle Patienten dafür gewonnen werden, sich an der Helfenstein Klinik operieren zu lassen; auch erfüllt das Team der Helfenstein Klinik – wie schon wiederholt ausgeführt – notwendige Strukturmerkmale für die Zertifizierung zum Endoprothetikzentrum leider nicht.
So schwer die Entscheidung des Kreistages auch zu „verdauen“ sein mag, erleben wir landauf landab, dass viele andere Träger exakt die gleichen Beweggründe haben, ihre Klinikstruktur aktiv umzugestalten und die stationäre Versorgung zu konzentrieren. Ein aktuelles Beispiel in Baden-Württemberg sind die Kliniken im Landkreis Sigmaringen: Wer die Verlautbarungen der Klinik liest, erkennt exakt die gleichen externen Faktoren und Rahmenbedingungen, welche zu den Umstrukturierungen hier wie dort zwingen.